Freitag, 18. Dezember 2009

Ein Kommentar für Uwe Kampmann und Offenbach

Lieber Uwe, du schreibst  mir aus dem Herzen. Es gibt noch viele zu tun. Ob es die Bereitstellung altengerechter Wohnungen ist, Entlastungs- und Informationsangebote für pflegende Angehörige, mir liegt besonders daran, eine Öffentlichkeit zu informieren und einzubinden, zu vermitteln, dass Demenz und Hilsbedürftigkeit nicht etwas ist, das nur den anderen geschieht, dass es jeden von uns treffen kann.
Wenn wir es schaffen, dass Menschen mit Demenz nicht mehr isoliert und versteckt in ihrer Häuslichkeit bleiben, sondern Mitglieder einer öffentlichen Gemeinschaft bleiben, so haben wir viel gewonnen. Gymnastik- und Tanzangebote, Zusammenkünfte mit anderen Betroffenen und deren Angehörigen.
Mir ist von meinen Vorträgen in diesem Jahr die Geschichte einer Ehefrau, die sie unter Tränen allen Versammelten erzählte, stark im Gedächtnis geblieben. Ihr dementer Mann ist noch rüstig und sportlich, hat die Einsicht in seine Krankheit verloren, fährt immer noch mehrmals in der Woche seine Touren mit dem Rad. Wenn ihr Mann das Haus verlässt, steht die Ehefrau große Ängste durch, nicht wissend, ob er wieder heil nach Hause findet. Es wäre so einfach, wenn aus dem alten Bekanntenkreis Männer gemeinsam mit ihm fahren und ihn sicher wieder nach Hause bringen würden.
Dagegen sieht die Geschichte, erzählt von meiner Patentante in Hamburg ganz anders aus. Ihr Mann, ehemaliger Philosophieprofessor, geistig immer sehr rege und ihn akademischen Zirkeln aktiv, wurde von ihr im Rollstuhl, inkontinent, fortgeschritten dement, nach wie vor zu seinen philosophischen Diskussionsabenden gefahren, saß dabei mit Bier und Brezel, verstand nichts mehr, traf jedoch auf die vertraute Atmosphäre, partizierte von ihr und blickte in vertraute Gesichter. Meine Tante war nicht alleine mit ihrem schwerdementen Mann, der Freundes- und Interessenkreis blieb erhalten. Mit diesen beiden Geschichten möchte ich deutlich machen, dass nicht nur in politischer Hinsicht etwas geschehen sollte, dass wir alle gefragt sind. Menschen mit Demenz als Mitglieder der Gesellschaft zu belassen, hat mit der Haltung eines jeden zu diesem Thema zu tun. Nichtwissen erzeugt Unsicherheit und Ablehnung. Vor dem Umgang mit Menschen, denen sich im Alter eine Demenz einstellt, brauchen wir keine Angst zu haben. Im Gegenteil, mit ihrem wieder "Purmensch" werden, durch den Wegfall zivilierter Kontrollschranken, Ehrlichkeit, Echtheit ...können wir für uns alle einen Zugewinn menschlcher Qualitäten erfahren.

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